julius kirscheneder neon interview
Interviews

neon im Interview: «Schweizer Banken verschlafen Digitalisierung»

Julius Kirscheneder ist CMO und Mitgründer von neon. Er gibt im Interview Auskunft über den Stand der Digitalisierung im Schweizer Banking und die Zukunftspläne von neon.

Digitalisierung ist auch im Schweizer Banking in aller Munde. Wie weit sind die Schweizer Banken?

Julius Kirscheneder: Es gibt weiterhin viel Verbesserungspotenzial. Man merkt, dass etwas passiert, aber viele Lösungen sind noch sehr umständlich gestaltet und aus unserer Sicht nicht kundenfreundlich genug.

Viele Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung ergeben, werden in der Schweiz auch ganz verschlafen. Beispiele sind fehlende Prozesse wie digitale Kontoeröffnungen. Das geht in anderen Ländern schon seit Jahren sehr schnell, einfach und trotzdem sicher.

Mittlerweile erwarten immer grössere Teile der Bevölkerung genau solche einfachen digitalen Möglichkeiten auch im Banking, wie sie es aus anderen Bereichen des Alltags kennen. Nur noch wenige Leute kaufen ihr Flugticket im Reisebüro. Niemand rechnet damit, das E-Scooter-Konto per Brief zu eröffnen.

Die Digitalisierung können Banken gleichzeitig dafür nutzen, ihre Strukturen zu verschlanken und die Kosten zu senken, wodurch schlussendlich der Endkunde von niedrigeren Gebühren profitieren kann. Das ist kein einfacher Weg, aber machbar. Voll digitalisierte Prozesse sind die Zukunft für einen grossen Teil des Endkundengeschäfts.

Die Corona-Krise wird einen weiteren Digitalisierungsschub auslösen – haben Sie ebenfalls bereits Auswirkungen festgestellt?

Wir haben bereits davon profitiert. Dadurch, dass Bankfilialen in der ganzen Schweiz geschlossen waren, wurden die Leute fast dazu gezwungen, digitale Banklösungen zu suchen.

Hier bietet sich natürlich das komplett digitale Eröffnungsverfahren von neon an, bei dem Kunden 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche einfach per App ihr Konto eröffnen können.

Interessant war auch, dass die Nutzung von Bargeld bei unseren Kunden zurückging und kontaktlose Kartenzahlungen – auch mit Mobile-Payment-Lösungen – zunahmen. Auch der Anteil der Online-Zahlungen nahm stark zu.

Intern war es für uns bei neon keine grosse Umstellung mit Home-Office und Online-Meetings. So wurde bei neon schon immer gearbeitet – auch das ist Teil der Digitalisierung.

Im Bereich Smartphone-Banken gibt es mittlerweile auch internationale Player wie Revolut und TransferWise, die auf den Schweizer Markt drängen. Müssen Schweizer Banken solche neuen Anbieter fürchten?

Ja und nein.

Die neuen Anbieter zeigen klar, dass es auch anders geht. Und das in vielen Bereichen: Beim Preis, bei der Einfachheit und bei den Features. Dadurch gibt es ein grosses Risiko für die grossen Banken, da sie so ihre Kunden in verschiedene Richtungen verlieren können und auch bereits verlieren.

Auf der anderen Seite ist dies aber auch eine grosse Chance für Schweizer Banken. Sie sind nun gezwungen, auf die Veränderungen zu reagieren. Und dies wird dem Markt auf jeden Fall gut tun.

Steht neon eher in Konkurrenz zu solchen internationalen Anbietern oder Schweizer Banken?

Wir sehen sowohl die internationalen Player als auch Schweizer Banken als motivierende Konkurrenz an. Aus Nutzersicht sind es in der Schweiz natürlich die Banken, die unsere Konkurrenten sind. Die allermeisten Schweizer haben weiterhin ein Konto bei einer klassischen Bank, da man nur mit einem Schweizer Konto sinnvoll die Eigenheiten des Schweizer Zahlungsalltags bewältigen kann und es bisher einfach keine Alternativen im Schweizer Markt gab.

Mit den internationalen Online-Banken konkurrieren wir eher aus Produktsicht: Wer hat die besseren Features, die günstigste Lösung und das einfachste Handling? Wenn wir hier gute Argumente haben, stehen wir auch im Wettbewerb mit den klassischen Banken besser da.

Was unterscheidet neon von internationalen Neobanken wie Revolut und Transferwise?

Die Swissness. neon ist bewusst für die Schweiz gemacht worden. Es ist ein Schweizer Konto, welches Schweizer Sicherheitsstandards unterliegt. Das Geld unserer Nutzer wird nicht irgendwo im Ausland geparkt, sondern liegt einlagengesichert bei unserer Partnerbank Hypothekarbank Lenzburg.

Alle Daten bleiben ebenfalls in der Schweiz. Zudem bieten wir als einzige Mobile-Lösung speziell auf die Schweiz zugeschnittene Features. So können Schweizerinnen und Schweizer bei uns ihre Einzahlungsscheine scannen oder per eBill bezahlen. Auch eine Verbindung zu Twint ist möglich.

Was unterscheidet neon von klassischen Schweizer Banken?

Wir haben eine andere Philosophie, eine andere Art, wie wir Dinge angehen. Die Kommunikation mit den Kunden ist per Du, wir sind schnell und persönlich erreichbar und nehmen uns Zeit für alle Anliegen.

Wir sind immer zu 100% transparent und arbeiten nicht mit versteckten Gebühren. Unser Geschäftsmodell ist digital und kostenorientiert ausgerichtet, wir haben keine Filialen oder Manager-Boni. Unser Produkt und die Prozesse sind möglichst einfach und digitalisiert. Das schlägt sich dann auch direkt in unseren Gebühren nieder.

Wo sehen Sie Ihren grössten USP?

In der Kombination aus meinen beiden vorherigen Antworten: neon offeriert ein einfaches, günstiges und digitales Produkt gepaart mit Swissness.

Gemäss einer Umfrage von moneyland.ch von 2019 zum Thema Mobile-Banking nutzen Männer Mobile-Banking mehr als Frauen und Jüngere deutlich häufiger als Ältere. Können Sie das bei neon bestätigen?

Ja, das können wir leider bestätigen. Wir haben derzeit einen Frauenanteil von etwa 20% in unserer Nutzerbasis. Wir können uns diese Ungleichheit noch nicht gut erklären und wollen es auch nicht so einfach akzeptieren.

neon ist ein Unisex-Produkt und wird von den vorhandenen weiblichen Nutzerinnen tatsächlich ähnlich genutzt wie von den männlichen Nutzern. An dieser Verteilung wollen wir in nächster Zeit unbedingt arbeiten und besser verstehen, wie wir die Vorteile von neon auch für Frauen noch besser erklären und zugänglich machen können.

Altersmässig sind unsere Nutzer auch eher jung, die meisten im Alter zwischen 25 bis 50 Jahren. Es sind Nutzerinnen und Nutzer, die sich der hohen Gebühren für normale Konten bereits bewusst und es gleichzeitig gewohnt sind, mit Apps als digitalen Werkzeugen zu arbeiten.

Trotzdem: Wir haben auch Nutzer im Alter 16 oder über 80 Jahren. Das ist für uns eine coole Sache, denn wir wollen niemanden ausschliessen.

Bleibt neon kostenlos?

Natürlich. Wir arbeiten sogar immer daran, die Features, für die wir Gebühren verlangen müssen, noch günstiger zu machen. So haben wir im Frühjahr beispielsweise Wechselkursaufschläge bei Kartenzahlungen im Ausland komplett gestrichen. Vor kurzem sind wir zudem eine Kooperation mit TransferWise eingegangen, wodurch wir unseren Nutzern in der neon-App jetzt auch noch günstigere und schnellere Überweisungen ins Ausland anbieten können.

Sie bieten eine Prepaid-Mastercard an. Weshalb gerade diese Karte?

Der Hauptgrund war, dass diese Kartenform bei unserem Start in der Schweiz breit verfügbar und damit eine schnellere Einführung möglich war. Wichtig zu wissen: Es ist keine Prepaidkarte im eigentlichen Sinne. Sie müssen unsere Karte nicht aufladen wie klassische Prepaidkarten. Sie können mit der Karte analog anderer Debitkarten das Geld ausgeben, das auf Ihrem neon-Konto liegt. Dabei können Sie die neon-Mastercard einsetzen wie andere Mastercard-Debitkarten und auch online damit bezahlen.

Wo steht neon in fünf Jahren?

In einer ziemlich veränderten Schweizer Bankenwelt. Wir werden alles dafür tun, den Schweizer Zahlungsalltag kundenfreundlicher zu gestalten und Schweizer Bankangebote auch wieder international wettbewerbsfähig zu machen.

Dafür werden wir unser Angebot stark weiterentwickeln und einige innovative Produkte hinzufügen. Zudem werden wir unser Ökosystem mit Partnern weiter ausbauen, die wie neon denken: einfach, günstig, digital und mit zufriedenen Kunden.

Unser Ziel ist es, bis in fünf Jahren die grösste mobile Nutzerbasis der Schweiz zu haben. Aber wir planen immer «Schritt für Schritt».

Weitere Informationen:
Zum Webauftritt von neon
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