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Interviews

Elizabeth Immer-Bernold: «Mahngebühren sind keine ideale Lösung»

Elizabeth Immer-Bernold gibt im folgenden Interview mit moneyland.ch Auskunft über den Alltag einer Verhaltensökonomin und den richtigen Umgang mit Rechnungen.

Elizabeth Immer-Bernold arbeitet als Expertin für Behavioral Customer Experience bei der Firma «Die Ergonomen Usability AG». Dort arbeitet die studierte Verhaltensökonomin mit ihren Kollegen und Teams aus verschiedenen Branchen zusammen, um Produkte und Prozesse zu optimieren. Zu den beratenen Firmen gehören unter anderem Unternehmungen aus der Finanzbrache, dem Versicherungswesen und der Telekommunikation. Sie können Elizabeth Immer-Bernold unter anderem auf Twitter (@immerliz) kontaktieren.

Frau Immer, wie sieht der Alltag einer Expertin für «Behavioral Customer Experience» aus?

Als Verhaltensökonomin und Produktdesignerin habe ich zwei Hauptaufgaben: Ich versuche zu verstehen, warum Menschen das tun, was sie tun. Und ich wende dieses Wissen an, um Produkte, Services oder Systeme zu kreieren, die unser Verhalten gezielt verbessern.

Können Sie ein Beispiel für ein Verhalten nennen, das wir im Alltag verbessern können?

Im Bereich Mahnwesen ist es beispielsweise ein wichtiges Ziel, Leute dazu zu bringen, ihre Rechnungen möglichst früh zu bezahlen. Laut einer neuen Datenerhebung von Intrum Justitia bezahlen in der Schweiz 54 Prozent mindestens eine Rechnung pro Jahr zu spät, und nur 49 Prozent beglichen 2018 ihre Steuern fristgerecht. Rechnungen, die heute nicht bezahlt werden, bereiten morgen Probleme. Wenn wir also Leute dazu bringen können, ihre Rechnungen rechtzeitig zu bezahlen, ist das eine Verbesserung für alle Beteiligten.

Wie sollen Firmen mit ihren Kunden umgehen, die nicht oder zu spät bezahlen?

Viele Firmen und auch der Staat setzen Mahngebühren ein mit dem Ziel, Menschen zum Zahlen zu bringen. Aber wir sehen in den Daten, dass dies nicht gut genug funktioniert. Trotz Mahngebühren, die schon heute recht hoch sind, bleiben viele Rechnungen nach der Zahlungsfrist unbezahlt.

Zudem verärgern Strafgebühren die Kunden. Je höher die Gebühr, desto mehr Ärger. Dies ist für Unternehmen gefährlich: Die Kunden, die das Unternehmen heute verärgert, sind morgen wahrscheinlich nicht mehr Kunden. Strafgebühren sind also nicht die beste Lösung.

Welche Alternativen zu Mahngebühren gibt es?

Wir wissen, dass es neben Mahngebühren verschiedene weitere Möglichkeiten gibt, die Zahlungsmoral der Kunden zu erhöhen. So haben wir dieses Jahr bei einem unserer Kunden ganz ohne Mahngebühren eine Verbesserung erzielt: Viele seiner Kunden begleichen ihre Rechnungen pflichtbewusster und früher als bisher – und sind zudem zufriedener.

Was war der Lösungsansatz?

In unserer Analyse haben wir festgestellt, dass die meisten Menschen in Zahlungsschwierigkeiten keine bösen oder schlechten Menschen sind. Denn sehr viele Nicht-Bezahler entscheiden sich nicht absichtlich dagegen, ihre Rechnung zu bezahlen.

Es gibt im Wesentlichen drei mögliche Gründe, weshalb Kunden nicht bezahlen. Erstens kann es an der fehlenden Motivation, zweitens an der fehlenden psychologischen Fähigkeit und drittens an den fehlenden finanziellen Mitteln liegen.

Was meinen Sie mit fehlender Motivation?

Aus der wissenschaftlichen Literatur wissen wir, dass Menschen mehr Wert auf das «Heute» als auf das «Morgen» legen. Auch zukünftige Konsequenzen von nicht-bezahlten Rechnungen wie Mahngebühren oder einer Handy-Sperrung werden in der Gegenwart nicht stark genug wahrgenommen. Wir bewerten zukünftige Kosten fälschlicherweise weniger stark als solche in der Gegenwart.

Wenn Firmen den Kunden hingegen die Auswirkungen des Nicht-Bezahlens – wie Mahngebühren – klarer kommunizieren, bezahlen plötzlich viele Kunden, die vorher nicht fristgerecht bezahlt haben.

Was meinen Sie mit der fehlenden psychologischen Fähigkeit?

«Aufmerksamkeit ist die knappste Ressource», wie man so schön sagt. In der heutigen Zeit ist so viel los, dass viele Personen im Alltag überfordert sind. Sogar wenn Mahngebühren klar kommuniziert werden und Kunden merken, dass es bei unbezahlten Rechnungen unangenehm werden könnte, zahlen immer noch viele Kunden nicht fristgerecht.

Hier kommt die Ursache der fehlenden psychologischen oder kognitiven Fähigkeit ins Spiel. Dazu gehören fehlende Organisation, mangelnde Aufmerksamkeit und Vergesslichkeit. Mit anderen Worten: Selbst wenn die Kunden motiviert sind, die Rechnungen zu zahlen, können sie die Rechnungen vergessen oder sogar verlieren. Das kann zu grösseren Problemen führen: Nachdem die Kunden ein paar Zahlungsfristen verpasst haben, stapeln sich die Rechnungen.

Hier können die Firmen ihren Kunden helfen, indem sie die Rechnungen und Rechnungsprozesse einfacher gestalten.

Und der dritte Grund?

Eine zunehmende Anzahl von Personen ist tatsächlich knapp bei Kasse. Es fehlen also die finanziellen Mittel, Rechnungen überhaupt zahlen zu können. Andere geben ihr Geld aus, noch bevor der Monat zu Ende ist und die Rechnungen bezahlt wurden. Wieder andere haben zwar am Ende der Zahlungsfrist das nötige Geld auf dem Konto, sind sich dessen aber nicht bewusst.

Widerspiegeln diese Ergebnisse die Erkenntnisse der Verhaltensökonomie?

Tatsächlich hat die verhaltensökonomische Forschung in den letzten Jahrzehnten überzeugend gezeigt, dass Menschen nicht rein rational handeln. Obwohl wir nicht perfekt sind, ist unser Handeln aber grösstenteils systematisch und vorhersehbar. Wir tun, was uns gefällt, was uns Freude bringt und was positive Auswirkungen auf unsere Psyche, unseren Körper oder unser Portemonnaie hat.

Dabei ist unsere Wahrnehmung leider oft verzerrt. Wir kümmern uns vor allem darum, was kurzfristig gut für uns ist. Langfristig kommt es dann zu Problemen: Übergewicht, zu wenig Ersparnisse oder eben hohe Mahngebühren.

Wir zahlen «heute» nicht, weil Zahlen uns etwas kostet, aber keine grosse Freude bringt. Gleichzeitig nehmen wir die zukünftigen Probleme zu wenig wahr, die wir uns damit einhandeln. Es fehlt uns an Selbstkontrolle und Weitsicht.

Können Sie unseren Leserinnen und Lesern aus Kundensicht ein paar Tipps geben?

Mithilfe von einfachen Verhaltensänderungen können wir bessere Entscheidungen treffen. Gerne verrate ich vier Tipps, die Sie einfach umsetzen können. Die Tipps beziehen sich auf die Verbesserung der Zahlungsmoral, lassen sich aber auch auf andere Bereiche übertragen.

Was wäre der erste Tipp?

Automatisieren und planen Sie.

Eine Untersuchung in Kantinen hat gezeigt: In den Kantinen, in denen man schon am Vortag das Mittagessen auswählt, wird gesünder gegessen als in den Kantinen, in denen man sich spontan für das Mittagessen entscheidet. Menschen treffen in vielen Bereichen bessere Entscheidungen, wenn Sie sich im Voraus in einem ruhigen Moment entscheiden statt in der Hitze des Gefechts – wie zum Beispiel im hungrigen Zustand direkt vor dem Essen.

Ähnlich gilt das auch für Ihre persönlichen Finanzen. Je mehr Zahlungen Sie automatisieren, desto weniger müssen Sie sich dazu zwingen, sich um Rechnungen zu kümmern. Stellen Sie also möglichst viele Rechnungen auf E-Rechnungen oder Lastschriftverfahren um.

Wenn E-Rechnungen oder Lastschriftverfahren nicht in Frage kommen, können Sie als Alternative regelmässig einen bestimmten Betrag für Rechnungen auf ein separates Konto übertragen. So stellen Sie sicher, dass Sie das Geld nicht anderweitig ausgegeben. Am besten richten Sie eine automatische monatliche Überweisung am Tag nach dem Eintreffen Ihres Lohnes ein.

Der zweite Tipp?

Verschieben Sie Ihre Zahlungen nicht auf morgen.

Viele Rechnungsempfänger kümmern sich am liebsten nur alle paar Wochen um Rechnungen. Auch bei Zahlungsschwierigkeiten schieben viele Personen ausstehende Rechnungen vor sich her mit dem Argument, dass sie die Rechnungen auch noch «in ein paar Wochen» begleichen können.

Das Problem bei dieser Strategie ist natürlich, dass sie oft nicht funktioniert. Auch in ein paar Wochen sind wir immer noch wir selbst und haben auch dann wiederum die Tendenz, das Bezahlen der ausstehenden Rechnungen herauszuschieben.

Ein Stapel Rechnungen löst ausserdem viel mehr Stress aus als eine einzelne Rechnung. Bezahlen Sie also alle Ihre Rechnungen am besten sofort.

Was aber, wenn Ihnen die finanziellen Mittel fehlen?

Wenn Sie finanziell in der Klemme stecken und nicht sofort bezahlen können, geben Sie die Zahlung am besten trotzdem schon in Auftrag – einfach mit einem Zahlungstermin in der Zukunft. Diese Strategie hat den Vorteil, dass Sie sich in Gedanken nicht mehr um die Rechnung kümmern müssen.

Eine alternative Strategie besteht darin, dass Sie mit sich selbst einen Termin vereinbaren, an dem Sie die Rechnung zahlen. Halten Sie diesen Termin am besten schriftlich und möglichst genau fest – zum Beispiel in Ihrem Kalender.

Ihr dritter Tipp?

Belohnen Sie sich für das gute Verhalten.

Sie haben alle Rechnungen automatisiert? Oder eine Rechnung bezahlt? Super! Tun Sie sich etwas Gutes! Die Belohnung bekommen Sie aber nur, wenn Sie mit Rechnungen gut umgegangen sind. Ein Beispiel: Nur wenn alle Rechnungen bezahlt sind, dürfen Sie eine Glace essen, dafür dann mit einem guten Gewissen. Sie haben es verdient.

Ihr letzter Tipp?

Unternehmen Sie etwas im Fall von Zahlungsschwierigkeiten.

Offene Rechnungen zu haben kann eine sehr unangenehme Situation sein. Aber die Situation muss nicht permanent so bleiben. Kontaktieren Sie die Firmen, bei denen Sie offene Rechnungen haben und fragen Sie nach Ihren Möglichkeiten. Bereiten Sie sich auf das Telefonat vor: Rufen Sie aus einem ruhigen Raum an. Schauen Sie, dass Sie mit einem Stift und Papier ausgerüstet sind.

Vergessen Sie nicht: Die Person auf der anderen Seite des Telefons ist auch nur ein Mensch. Man wird Ihnen in der Regel helfen wollen. Je besser Sie vorbereitet sind und je höflicher Sie mit der Person umgehen, desto besser die Chancen, dass Sie eine geeignete Lösung finden.

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