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Kredite & Hypotheken

Kreditfähigkeitsprüfung: Diese Fehler kommen oft vor

13. Oktober 2022 - Felix Oeschger

Die Kreditfähigkeitsprüfung soll Sie vor Verschuldung schützen. Doch oft machen die Banken dabei Fehler. moneyland.ch erklärt, was schief läuft und was Sie tun können.

Wenn Sie einen Kredit aufnehmen wollen, werden Sie einer Kreditfähigkeitsprüfung unterzogen. Sie bestimmt, ob Sie einen Kredit erhalten und wie hoch Ihr Kredit maximal sein darf. Diese Prüfung ist nicht Ihre Aufgabe, sondern die des Kreditgebers.

Auch wenn Sie es kaum mitbekommen, kann bei der Kreditfähigkeitsprüfung einiges schief gehen – und schlimmstenfalls sind Sie deswegen am Schluss nicht in der Lage, den Kredit zu tilgen. Wenn bei der Prüfung zu locker vorgegangen wird, erhalten Sie mehr Kredit, als Sie finanziell verkraften können. Das sind einige Fehler, die immer wieder von Schweizer Schuldenberatungsstellen bemängelt werden:

  • Keine Vorabklärung

Ein Kreditgeber ist gesetzlich verpflichtet, für die Budgetrechnung im Voraus die finanzielle Leistungsfähigkeit des Kreditnehmers abzuklären. Die Kreditfähigkeitsprüfung ist Aufgabe des Kreditgebers und kann nicht auf den Kunden abgeschoben werden. Darum kann ein Kreditinstitut im Nachhinein auch nicht argumentieren, der Kreditnehmer habe unterschrieben und damit die Budgetrechnung gutgeheissen, wenn eine detaillierte Abklärung gar nicht stattgefunden hat.

  • Einzelne Ausgaben nicht abgefragt

Bei der Kreditfähigkeitsprüfung muss der Kreditnehmer die in den Richtlinien für das betreibungsrechtliche Existenzminimum genannten Punkte abklären. Dazu gehören zum Beispiel Ihre Wohnkosten, Sozialbeträge und unumgängliche Berufsauslagen. Welche Posten abgefragt werden müssen, erfahren Sie im Ratgeber-Artikel zur Kreditfähigkeitsprüfung. Lässt der Kreditgeber einzelne Punkte weg, kommt er seiner Abklärungspflicht nicht nach.

  • Pauschalbeträge statt tatsächliche Kosten

Im Rahmen der Kreditfähigkeitsprüfung wird das Existenzminimum des Kreditnehmers ermittelt. Für den Mietzins schreibt das Konsumkredit-Gesetz explizit vor, dass mit dem effektiven Betrag gerechnet werden muss, statt mit einem ortsüblichen. Die Schweizer Schuldenberatungsstellen vertreten den Standpunkt, dass bei der Kreditfähigkeitsprüfung grundsätzlich die tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen seien. Teilweise kommt es jedoch vor, dass Banken mit Pauschalbeträgen rechnen – selbst da, wo die Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten ausdrücklich vorgeschrieben ist.

  • Kompetenzstücke nicht berücksichtigt

Kompetenzstücke sind Dinge, die für Sie unentbehrlich sind. Ein Beispiel ist das Auto, das Sie benötigen, um Ihren Beruf ausüben zu können. Wenn Sie mit Ihrem Auto zum Arbeitsplatz fahren, sind die damit verbundenen festen und veränderlichen Kosten Teil Ihres Existenzminimums. Der Kreditgeber muss diese Kosten bei der Budgetrechnung berücksichtigen. Sie müssen auch gar nicht beweisen, dass es sich um ein Kompetenzstück handelt – Sie müssen lediglich bei der Kreditfähigkeitsprüfung angeben, wie hoch Ihre Auslagen mit Kompetenzqualität (zum Beispiel Fahrten an den Arbeitsplatz) sind.

  • Vorhersehbare Veränderungen ignoriert

Im Gegensatz zum betreibungsrechtlichen Existenzminimum sollte der Kreditgeber bei der Kreditfähigkeitsprüfung auch berücksichtigen, wie sich die Verhältnisse des Kreditnehmers innert der nächsten 36 Monate verändern könnten. Wenn wahrscheinlich ist, dass eine Person künftig wesentlich weniger Einnahmen oder höhere Ausgaben hat, muss das in die Berechnung des Existenzminimums einfliessen. Die Bank darf beispielsweise nicht davon ausgehen, dass eine schwangere Kundin gleich viel Lohn wie heute erhalten wird, wenn sie vorhat, nach der Geburt des Kindes ihr Arbeitspensum zu reduzieren. Auch eine anstehende Pensionierung gilt als vorhersehbares Ereignis, das bei der Berechnung des Einkommens zu berücksichtigen ist.

Was tun, wenn es Fehler bei der Kreditfähigkeitsprüfung gab?

Unterschreiben Sie die Budgetrechnung Ihres Kreditgebers nicht, wenn Sie der Meinung sind, dass das Vorgehen nicht korrekt war, oder falls die Angaben nicht stimmen. Falls Sie erst im Nachhinein merken, dass es Fehler gegeben hat, suchen Sie am besten rechtliche Beratung. Falls Sie eine Rechtsschutzversicherung haben, erhalten Sie von Ihrer Versicherung womöglich kostenlose Beratung.

Sie sollten nicht einfach aufhören, Ihre Raten zu zahlen, auch wenn es Fehler bei der Kreditfähigkeitsprüfung gab. Denn dann werden Sie höchstwahrscheinlich betrieben – und selbst wenn Sie dagegen Rechtsvorschlag erheben, kann es sein, dass der Kreditgeber in Ihrem Fall recht bekommt.

Muss ich Schulden nicht zahlen, wenn es Fehler bei der Kreditfähigkeitsprüfung gab?

Es kann sein, dass der Kreditgeber kein Recht auf Rückzahlung des Kredits und allfällige Zinsen hat, wenn er einen Fehler bei der Kreditfähigkeitsprüfung gemacht hat. Ob dem so ist, muss allerdings ein Richter entscheiden – Sie sollten also nicht einfach davon ausgehen, dass Sie Schulden nicht tilgen müssen, nur weil Sie der Meinung sind, dass Ihre Bank falsch vorgegangen ist.

An wen muss ich mich wenden, wenn ich den Kredit nicht zurückzahlen kann?

Wenn Sie Schulden haben, wenden Sie sich als erstes am besten an eine Schuldenberatungsstelle. Details dazu finden Sie im Ratgeber-Artikel zum Thema Schulden. Wenn Sie glauben, dass die Verschuldung darauf zurückzuführen ist, dass der Kreditgeber bei der Kreditfähigkeitsprüfung Fehler gemacht hat, lassen Sie sich am besten von Rechtsexperten beraten. Möglicherweise ist eine solche Beratung Teil Ihrer Rechtsschutzversicherung.

Weitere Informationen:
So funktioniert die Kreditfähigkeitsprüfung
Was tun bei Schulden?
Das müssen Sie über Betreibungen wissen

Experte Felix Oeschger
Felix Oeschger ist Analyst und Experte bei moneyland.ch.
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