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Inflation bei Coop & Migros: Wie stark spüren wir die Teuerung wirklich?

7. Juli 2022 - Raphael Knecht

Die Preise steigen stetig – aber wie wirkt sich das beim Lebensmitteleinkauf bei Coop und Migros aus? In diesem Blog-Beitrag spürt Redaktor Raphael Knecht den schleichenden Preisanstiegen nach.

Die Inflation hat Nationen weltweit fest im Griff: Die USA und die EU kämpfen beide mit Inflationsraten von über 8 Prozent. Im Vergleich dazu gehts der Schweiz sogar richtig gut mit den 2.8 Prozent seit Beginn des Jahres.

Als preissensitiver Millennial will ich es aber natürlich genauer wissen. Wie bin ich selbst effektiv von der Inflation betroffen? Zahle ich im Vergleich zur durchschnittlichen Teuerung drauf, oder komme ich sogar besser weg als der durchschnittliche Schweizer?

Zum Glück notiere ich mir immer mal wieder die Preise von Lebensmitteln, die ich kaufen oder vergleichen möchte – denn ohne Gedankenstütze ist mein Hirn leider nicht fähig, sich langfristig Preise zu merken. Diese Daten muss ich jetzt eigentlich nur mit den aktuellen Preisen in den Läden vergleichen, und schon weiss ich, wie stark ich selbst von Preissteigerungen betroffen bin – zumindest angenommen, dass sich mein Warenkorb in der Zwischenzeit nicht verändert hat.

Der Einfachheit halber schaue ich mir für diesen Blogbeitrag nur die Preise (ohne Aktionen) bei den beiden Schweizer Detailhandel-Schwergewichten Coop und Migros an – obwohl ich natürlich auch oft bei Discountern einkaufe. Wer sparen will, kann sich in der Schweiz schliesslich nicht auf das Duopol verlassen. Zudem habe ich Frischprodukte aussen vor gelassen, weil es da sowieso jede Woche massive Preisschwankungen geben kann, die überhaupt nichts mit Inflation zu tun haben.

Doppelte Teuerung

Die Preise wurden Ende September 2019 und Ende Juni 2022 erhoben – also ein Zeitraum von fast drei Jahren. Laut dem BFS-Teuerungsrechner beträgt die Inflation in diesem Zeitraum rund 3.5 Prozent. Also wirklich bescheiden – der grösste Teil dieser Entwicklung dürfte in den vergangenen sechs Monaten stattgefunden haben.

Der Warenkorb mit allen verglichenen Produkten kostete im Jahr 2019 noch 350 Franken. 2022 sind es 374 Franken. Das entspricht einer Preissteigerung von fast 7 Prozent – doppelt so hoch wie die durchschnittliche Teuerung. Meine Vermutung: Da ich viele Discount-Produkte kaufe und die Margen der Händler dort eher dünn sein dürften, spüre ich die Inflation tendenziell schneller als jemand, der lieber zu Markenware greift.

Riesige Unterschiede bei den Preisanstiegen

Aber viel interessanter als die allgemeine Teuerung scheinen mir individuelle Preisanstiege. Von 109 Produkten sind 56 – also ziemlich genau die Hälfte – teurer geworden. 24 Produkte wurden sogar günstiger. Entsprechend gross ist die Spanne der effektiven Preisanstiege: Von 50 Prozent teurer bis zu ein Viertel günstiger.

Am meisten stechen die Teigwaren heraus: Gleich mehrere Produkte sind sowohl bei Migros als auch Coop um rund 50 Prozent teurer geworden. So zum Beispiel die Penne von M-Budget und Prix Garantie (Tabelle 1). Hier dürften die Preise vor allem unter dem Ukrainekrieg leiden. Denn der hatte bereits anfangs Jahr zu Rekorden bei den Getreidepreisen gesorgt.

Tabelle 1: Zehn grösste Preisanstiege im Warenkorb

Produkt 2019 2022 Teuerung
M-Budget Penne CHF 0.85 CHF 1.30 +53%
Prix Garantie Penne Rigate CHF 0.85 CHF 1.30 +53%
Prix Garantie Fusili CHF 0.95 CHF 1.45 +53%
Prix Garantie Spaghetti CHF 0.90 CHF 1.30 +44%
M-Budget Hörnli CHF 0.95 CHF 1.30 +37%
M-Budget Pfirsichhälften CHF 1.10 CHF 1.50 +36%
M-Budget Spaghetti CHF 0.90 CHF 1.20 +33%
Migros Bio Rinderhackfleisch CHF 1.90 CHF 2.45 +29%
Coop Himbeeren, tiefgekühlt CHF 6.60 CHF 8.50 +29%
M-Budget Pflanzenöl CHF 2.50 CHF 3.20 +28%


Und wenn Sie sich jetzt fragen, was der arme Raphael denn statt seiner geliebten Billigpasta essen könnte, liefert die Analyse ebenfalls eine Antwort. Denn von den 24 Produkten, die günstiger wurden, eignen sich gleich mehrere als Alternative: Wie wärs mal mit Kartoffelstock (minus 6 Prozent), Eierspätzli (minus 5 Prozent), oder Reis (minus 4 Prozent)?

Und das ist noch gar nichts im Vergleich zu den grössten Preissenkungen (Tabelle 2): Der Senf von Prix Garantie kostet aktuell fast ein Viertel (24 Prozent) weniger als vor knapp drei Jahren. Vielleicht wurde bei diesen Artikeln die Herstellung günstiger, der Händler passte die Rezeptur an oder die Discounter drückten die Preise – jedenfalls freut es mich natürlich, dass ich meine Guetzli jetzt für 45 Rappen weniger erhalte.

Tabelle 2: Zehn grösste Preissenkungen im Warenkorb

Produkt 2019 2022 Teuerung
Prix Garantie Senf CHF 0.85 CHF 0.65 -24%
M-Budget Chocolate Cookies CHF 1.95 CHF 1.50 -23%
Prix Garantie Hörnli CHF 1.60 CHF 1.30 -19%
M-Classic Cervelas CHF 2.25 CHF 1.95 -13%
American Favorites Toast XL CHF 3.40 CHF 2.95 -13%
M-Classic Microwave Popcorn CHF 2.20 CHF 1.95 -11%
Cornatur Zitronenpfeffer Schnitzel CHF 5.50 CHF 4.95 -10%
Prix Garantie Mayonnaise CHF 1.10 CHF 1.00 -9%
M-Budget Apfelsaft CHF 1.65 CHF 1.50 -9%
M-Classic Kichererbsen CHF 1.20 CHF 1.10 -8%


Allerdings sind nicht alle Preisanpassungen wirklich ein Grund zum Feiern: Die Hörnli von Prix Garantie waren 2019 im Vergleich zu den anderen Pasta-Produkten der Marke verhältnismässig teuer – wohl weil es Eierteigwaren waren. Jetzt sind die Hörnli aus Hartweizengriess und nicht etwa billiger als die restlichen Teigwaren, die in den vergangenen Jahren einen Preisanstieg erlebten. Sie kosten jetzt alle ungefähr gleich viel.

Auch bei Fleischersatzprodukten dürfte die wachsende Konkurrenz die Preise etwas drücken. Vor ein paar Jahren war Cornatur noch eine der einzigen Marken für Fleischalternativen in vielen Migros-Filialen. Heute wimmelt es in den Regalen nur so von Konkurrenzprodukten – von Beyond Meat bis zu Planted Chicken.

Preise von Markenprodukten stabiler

Und was ist mit den Produkten, die heute noch genau gleich viel kosten wie vor drei Jahren? Da geht es querbeet: Von Reibkäse über gefrorene Ofenfritten bis zu Paprika-Chips. Zu beobachten ist, dass der Preis von Markenprodukten in vielen Fällen leicht stabiler ist als bei den Billigmarken der Detailhändler. So kosten der Zwölferpack Duplo von Ferrero, der Halloumi-Grillkäse von Gazi und der Suure Moscht von Ramseier immer noch genau gleich viel wie vor knapp drei Jahren. Diese Tendenz unterstützt meine Vermutung, dass Billigprodukte etwas stärker von Inflationseffekten betroffen sind.

Aber natürlich macht die Inflation noch lange nicht wett, dass Markenprodukte tendenziell wesentlich teurer sind. Wenn Sie zum Beispiel mit dem Süssmost von Coop genauso zufrieden sind wie mit dem Apfelsaft von Ramseier, sparen Sie mit der Eigenmarke trotz Inflation immer noch über 20 Rappen pro Liter.

Wer sparen will, muss aufpassen

Der Preisvergleich zeigt vor allem eines: Wenn Sie regelmässig bestimmte Produkte kaufen und nicht gerade ein Superhirn besitzen, ist es sinnvoll, sich gelegentlich die Preise zu notieren. Denn die Preiserhöhungen geschehen schleichend und in nur wenigen Jahren kann ihr Lieblingsartikel schnell mal 50 Prozent teurer sein. Wer besonders auf den Preis achtet, dürfte zudem stärker betroffen sein als Personen, die sowieso schon mehr für Lebensmittel zahlen.

Aber zum Schluss möchte ich natürlich noch einmal an die erfreuliche Erkenntnis erinnern: Nur weil die Inflationsrate durchschnittlich nach oben zeigt, heisst das noch lange nicht, dass alles teurer wird. Wenn Sie die Augen offen halten, finden Sie immer mal wieder eine Chance zu sparen.

Weitere Informationen:
Sparen bei Lebensmitteln
So schützen Sie sich gegen Inflation
Tipps zum Lebensmittelkauf online

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Redaktor Raphael Knecht
Raphael Knecht war bis Ende Februar 2023 Analyst und Fachredaktor bei moneyland.ch. Seither unterstützt er die Redaktion gelegentlich als Freelancer.