Nachhaltigkeit Fonds Aktien Schweiz Vergleich 2021
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Das steckt wirklich in nachhaltigen Schweizer Aktienfonds

26. August 2021 - Raphael Knecht

Die Schweizer Banken werben mit nachhaltigen Produkten um Kunden. Doch unterscheiden sich nachhaltige Schweizer Aktienfonds von herkömmlichen? Nicht viel, wie der Vergleich von moneyland.ch zeigt.

Viele Investorinnen und Investoren setzen heutzutage auf nachhaltige Anlagefonds. Auch Privatanlegerinnen und -anleger suchen nach Möglichkeiten, ihr Geld ökologisch und ethisch verantwortungsvoll zu investieren. Die Schweizer Banken haben längst reagiert und bieten unzählige Fonds, die laut Eigenangaben nachhaltig sind.

Aber was genau steckt in diesen Fonds und wie unterscheiden sie sich von herkömmlichen Produkten? moneyland.ch hat einige Schweizer Aktienfonds, die mit Nachhaltigkeit werben, genauer unter die Lupe genommen.

Nestlé, Roche, Novartis

Auf den ersten Blick unterscheiden sich nachhaltige fast gar nicht von herkömmlichen Produkten: Die mit Abstand grössten Positionen sind Aktien von Schweizer Firmen, die auch im Swiss Performance Index (SPI) die stärkste Gewichtung haben. Der SPI repräsentiert mit über 200 Titeln den Schweizer Aktienmarkt. In der Regel finden Sie somit Nestlé, Roche und Novartis ganz zuoberst im Portfolio. Teils machen diese drei Aktien zusammen mehr als die Hälfte des gesamten Fonds aus.

Anbieter Produkt Top 3 Prozent
Credit Suisse 130/30 Swiss Equity Fund B* Nestlé, Roche, Novartis 47.92%
Credit Suisse Swissac Equity Fund B* Nestlé, Roche, Novartis 47.11%
Credit Suisse CSIF Equity Switzerland Blue FB** Nestlé, Roche, Novartis 48.05%
Migros Bank Sustainable 85 B* Nestlé, Roche, Novartis 14.22%
Migros Bank 85 B Nestlé, Roche, Novartis 13.87%
Pictet Quest Swiss Sustainable Equities P* Nestlé, Roche, Novartis 53.88%
Pictet Swiss Equities P Nestlé, Roche, Novartis 41.90%
Raiffeisen Futura Swiss Stock A* Roche, ABB, Sika 27.70%
Raiffeisen Index SPI A** Nestlé, Roche, Novartis 45.00%
UBS Equity Switzerland Sustainable P* Nestlé, Roche, Novartis 46.07%
UBS Swiss Income P Nestlé, Roche, Novartis 27.78%
UBS Swiss High Dividend P Nestlé, Roche, Novartis 27.19%
ZKB Equity Sustainable Switzerland AA* Roche, Nestlé, Novartis 45.96%
ZKB Index Equity Switzerland Total (I) FA** Nestlé, Roche, Novartis 44.90%
SIX Swiss Performance Index (SPI) Nestlé, Roche, Novartis 45.00%

*Fonds ist laut Anbieter nachhaltig beziehungsweise «ESG-screened»
**Bildet einen Index ab

Man könnte gar meinen, dass Nestlé in den Augen der Schweizer Banken die nachhaltigste Aktie des Landes sei: In den meisten Fonds ist der Nahrungsmittelkonzern die grösste Position – oft ist Nestlé im nachhaltigen Fonds gar noch stärker gewichtet als in vergleichbaren, herkömmlichen Produkten. Lediglich Raiffeisen verzichtet ganz auf Nestlé-Aktien im nachhaltigen Portfolio.

Die Banken betonen gegenüber moneyland.ch allerdings, dass eine hohe Gewichtung nicht bedeute, dass es sich bei einer Firma um ein besonders nachhaltiges Unternehmen handle. Der wahre Grund, warum Aktien wie die von Nestlé den grössten Teil fast jedes als nachhaltig beworbenen Schweizer Aktienfonds ausmachen, hat nämlich gar nichts mit Nachhaltigkeit zu tun. «Wer in den Schweizer Aktienmarkt investieren will, kommt nicht darum herum, Nestlé, Novartis und Roche zu halten», erklärt Markus Signer, Head of Intermediaries bei Pictet, auf Anfrage von moneyland.ch. Dies, weil die drei Titel fast die Hälfte des SPI ausmachen.

Da Anbieter versuchen, mit den verglichenen Produkten die Performance des SPI zu schlagen, müssen die grössten Gewichtungen im Fonds laut den Banken einigermassen ähnlich sein wie diejenigen des SPI. Sonst ist es wahrscheinlich, dass die Kursentwicklung stark vom sogenannten Benchmark abweicht. «Unsere Kunden erwarten eine marktübliche Rendite nachhaltiger Anlagen, weshalb die grosskapitalisierten Titel in der Schweiz berücksichtigt werden – sofern sie keine Ausschlusskriterien verletzen und unsere ESG-Mindestrating-Vorgabe erfüllen», sagt Urs Aeberli von der Migros Bank zu moneyland.ch.

Auffällig ist, dass Raiffeisen als einziger Anbieter Nestlé aus ihrem Nachhaltigkeitsfonds ausschliesst. Grund dafür seien «Kontroversen bezüglich der Produktionsprozesse», schreibt die Bank auf Anfrage von moneyland.ch. Auch Novartis ist nicht unter den grössten Positionen bei Raiffeisens nachhaltigem Fonds. Auch hier nennt Raiffeisen aktuelle Kontroversen sowie eine Anpassung des Rating-Musters als Begründung. Stattdessen haben andere SPI-Titel wie Roche und ABB bei der Bank das grösste Gewicht. Die Ausnahme beweist, dass als nachhaltig beworbene Schweizer Aktienfonds nicht zwingend die grössten Firmen des Landes beinhalten müssen.

Kontroverse Konzerne

Dass insbesondere der Grosskonzern Nestlé bei Privatanlegerinnen und Privatanlegern in Sachen Nachhaltigkeit als kontrovers gilt, sind sich die Anbieter bewusst. Mit Ausnahme von Raiffeisen argumentieren die Banken allerdings, dass das Unternehmen trotz einzelner Kritikpunkte insgesamt eine positive Nachhaltigkeitsbilanz aufweisen könne. Viele Banken verweisen auch auf den MSCI-Nachhaltigkeitsindex, wo Nestlé mit der Bewertung AA als Vorreiter eingestuft ist.

In kontroverse Firmen zu investieren, könne auch zu einer Verbesserung beitragen, argumentiert zudem Fabio Pellizzari, der bei Swisscanto für die Nachhaltigkeitsstrategie der ZKB-Fonds zuständig ist: «Wir besprechen kontroverse Themen mit dem Verwaltungsrat – und der nimmt uns ernst, denn wir sind einer der grössten Investoren bei vielen Schweizer Publikumsgesellschaften mit breitem Streubesitz.» Die Hoffnung ist also, dass sich grosse Unternehmen wie Nestlé um Nachhaltigkeit bemühen, weil die Fondsbesitzer das erwarten. Auch andere Banken geben an, bei nachhaltigen Finanzprodukten diese sogenannte Active Ownership (englisch für «aktive Inhaberschaft») zu pflegen.

Sämtliche Anbieter betonen zudem, dass die Zusammensetzung der einzelnen Fonds transparent gemacht werde. Sie verweisen auf die zahlreichen Unterlagen, die die Anbieter auf ihren Websites zur Verfügung stellen. Signer von Pictet räumt allerdings ein: «Kunden nehmen grosse Konzerne in Sachen Nachhaltigkeit eher als problematisch wahr – auch wenn das nicht immer stimmt – und sie sind sich teils nicht bewusst, wie stark die Unternehmen in den Fonds gewichtet werden.»

Banken versprechen Selektion

Angesichts der Ähnlichkeiten drängt sich die Frage auf: Wo liegen die Unterschiede zwischen nachhaltigen und herkömmlichen Fonds? Die Banken betonen, dass sie bei nachhaltigen Produkten eine detaillierte Selektion nach ESG-Kriterien («Environment, Social, Governance») vornehmen. In der Regel hat das folgende Konsequenzen:

  • Bestimmte Firmen werden nach konkreten Kriterien ausgeschlossen. Die Migros Bank spricht beispielsweise von «verwerflichen Geschäftsmodellen, wie kontroverse Waffen und Kohleförderung». Auch der Baustoff-Konzern LafargeHolcim, der im SPI eine hohe Gewichtung hat, sowie Airlines sind in vielen nachhaltigen Produkten nicht vertreten.
  • Die sogenannten Klassenbesten in Sachen Nachhaltigkeit innerhalb einer Branche («Best in Class»-Ansatz) werden für den Fonds ausgewählt, bevorzugt oder stärker gewichtet. Das bedeutet, dass Firmen im Portfolio landen können, solange sie eine bessere ESG-Gesamtbewertung erhalten als die Konkurrenz – selbst wenn sie im direkten Vergleich mit den nachhaltigsten Firmen der Welt womöglich nicht so gut abschneiden.

Bei der Gewichtung verschiedener Faktoren sind sich die Anbieter allerdings nicht einig. So heisst es etwa bei Pictet, man bewerte Novartis wegen Bestechungsskandalen in den USA derzeit negativ – die Aktie wird im Vergleich zum SPI leicht untergewichtet. Bei der ZKB gehört Novartis hingegen zu den Firmen mit dem besten Rating und wird stärker gewichtet.

Spezialisierte Fonds statt Schweizer Markt

Wer sein Vermögen nicht grösstenteils in Nestlé, Roche und Novartis anlegen möchte, findet bei vielen Banken spezialisierte Nachhaltigkeitsfonds. Bei diesen Produkten ist die nachhaltige Wirkung eines Unternehmens meist stärker gewichtet als bei den verglichenen Fonds. Die Konsequenz: Sie investieren oft in verhältnismässig kleine Firmen (auch «Small Caps» genannt) und konzentrieren sich nicht auf den Schweizer Markt.

Rentieren die nachhaltigen Produkte?

Was die Rentabilität betrifft, betonen die Anbieter in der Regel, dass Nachhaltigkeit nicht mit Einbussen verbunden ist. Im Vergleich ergibt sich kein einheitliches Bild: Manche nachhaltige Fonds bringen bessere Renditen als herkömmliche Produkte des gleichen Anbieters, andere nicht.

Die UBS etwa bietet einen als nachhaltig gekennzeichneten Schweizer Aktienfonds, der in den vergangenen fünf Jahren 70.69 Prozent Bruttorendite abwarf. Das ist deutlich mehr als der Income-Fonds (57.24 Prozent) und knapp mehr als der Dividenden-Fonds (69.19 Prozent) aus dem gleichen Hause, die beide nicht speziell als nachhaltig ausgewiesen werden.

Anbieter Produkt 5 Jahre TER
UBS Equity Switzerland Sustainable P* +70.69% 0.95%
UBS Swiss Income P +57.24% 1.50%
UBS Swiss High Dividend P +69.19% 1.50%
SIX Swiss Performance Index (SPI) +78.78% -

Quelle: UBS, Stand: 24.8.2021
*Fonds ist laut Anbieter nachhaltig beziehungsweise «ESG-screened».

Bei Pictet schneidet das nachhaltige Produkt eher schlecht ab: Der Aktienfonds warf innert 5 Jahren lediglich eine Rendite von 58.85 Prozent ab. Das herkömmliche Pendant kam auf 92.19 Prozent.

Anbieter Produkt 5 Jahre TER
Pictet Quest Swiss Sustainable Equities P* +58.85% 0.99%
Pictet Swiss Equities P +92.19% 1.17%
SIX Swiss Performance Index (SPI) +76.46% -

Quelle: Pictet, Stand: 30.7.2021
*Fonds ist laut Anbieter nachhaltig beziehungsweise «ESG-screened».

In Sachen Performance scheint also Nachhaltigkeit nicht der ausschlaggebende Faktor zu sein – zumindest nicht bei den Schweizer Aktienfonds, die sowieso eine sehr ähnliche Zusammensetzung aufweisen, ob sie nachhaltig sind oder nicht.

Bank kann den Index nicht schlagen

Vergleicht man die nachhaltigen Produkte allerdings mit dem SPI, der für viele Schweizer Aktienfonds auch als Benchmark gilt, zeigt sich vor allem eines: Die Fondsmanagerinnen und -manager schaffen es nur selten, diesen Index zu schlagen. Von den verglichenen nachhaltigen Produkten lieferte kein einziges eine bessere Rendite als der SPI.

Das heisst: Wenn Sie sich für ein aktiv verwaltetes Produkt entscheiden, riskieren Sie Renditeeinbussen und tragen erst noch höhere Kosten. Als Alternative können Sie in nachhaltige ETFs investieren. Für Schweizer Aktien gibt es hier allerdings noch keine grosse Auswahl.

Fazit

«Fast jede Schweizer Aktie ist in den Augen der Finanzwelt nachhaltig genug, dass sie in einem nachhaltigen Fonds landen darf», bilanziert Raphael Knecht, Analyst bei moneyland.ch. «Abgesehen von wenigen Ausschlüssen unterscheiden sich nachhaltige Produkte von herkömmlichen nur bei der Gewichtung.»

Entsprechend einfach dürfte es auch sein, herkömmliche Schweizer Produkte in nachhaltige umzuwandeln. Viele Banken, darunter die Credit Suisse und Raiffeisen, haben sich zum Ziel gesetzt, künftig sämtliche Anlageprodukte nach ESG-Kriterien zu beurteilen. «Da es teils jetzt schon nur kleine Unterschiede zwischen nachhaltigen und herkömmlichen Schweizer Fonds gibt, dürfte das dazu führen, dass eine Reihe von herkömmlichen Anlageprodukten von heute auf morgen zu nachhaltigen Fonds umgetauft werden, ohne dass sich bei deren Zusammensetzung viel ändert», vermutet Knecht.

Kundinnen und Kunden, die einzelne Schwergewichte im SPI kritischer betrachten als die Finanzwelt, sollten bei der Auswahl des nachhaltigen Fonds auf die Zusammensetzung achten – nur selten werden selbst kontroverse Unternehmen effektiv ausgeschlossen. «Je nach Bedürfnis bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als mit Fonds in ausländische Firmen zu investieren oder Ihr eigenes Aktienportfolio zusammenzustellen», sagt Knecht.

Die Zusammensetzung vieler Fonds wird von der Rendite anhand des Referenzindexes diktiert. «Wer sich auf andere, womöglich nachhaltigere Firmen konzentriert, muss damit rechnen, dass der Ertrag sich stark vom Gesamtmarkt unterscheidet – und eventuell niedriger ist», bilanziert Knecht.

Weitere Informationen:
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Redaktor Raphael Knecht
Raphael Knecht war bis Ende Februar 2023 Analyst und Fachredaktor bei moneyland.ch. Seither unterstützt er die Redaktion gelegentlich als Freelancer.